malerei ungebremst

Malerei zu erleben, sie nicht nur als sinnliche Wahrnehmung zu fühlen, erfordert jene direkte und unvoreingenommene Auseinandersetzung, die ein Bild zum originären Bezugspunkt sowie zum Resultat vergangener Erfahrungen macht. Man wird zum Betrachter einer neuen bildlichen Welt, die auf subtile Weise zur Transformation veralteter Sichtweisen führen kann. Die Bilder der jungen Malergeneration der Hoefert angehört, können als Karten im Spiel enormer künstlerischer und emotionaler Freiheit gesehen werden. Sie sind keinesfalls die gewollten Ergebnisse einer Strategie, sondern spiegeln Offenheit, Impulsivität sowie den Wunsch nach Ehrlichkeit wider. Bildfindungen, die in ihrer unbekümmerten Globalität oft missverstanden werden, jedoch trotz ihres draufgängerischen Mutes und ihres lässigen Optimismus die unschuldige Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Definition spüren lassen.

Das Kunstwerk vermittelt demnach keine fertigen Aussagen, sondern bloße Denkanstöße; es ist Ausdruck einer seelischen Öffnung, die den Maler als Selbstdarsteller der Öffentlichkeit präsentiert, ihm aber zugleich seine ureigensten Rückzugsgebiete belasst. Selbst die gewagtesten, auf den ersten Blick unvollständig erscheinenden Kompositionen, beinhalten ein Ordnungsstreben, das der Wirrnis der Empfindungen intellektuelle Klarheit gegenüberstellt. Der innere Klang der Objekte, ihre Rätselhaftigkeit und Wandlungsfähigkeit, äußert sich im Experiment mit Material und Technik, Poesie mengt sich in Momente der Wirklichkeit und rückt die Bilder in eine irreale Sphäre. Der Stilisierung, der Schematisierung werden gezielt mit künstlerischer Fülle und stilistischem Reichtum konfrontiert. Der Reiz des Unfertigen, Ungereimten, hoffentlich nie Perfektionierten. Nachdenkliche Durchsichtigkeit, schwere, dunkle Farbfelder kontrastieren mit glühenden Flächen.

Malerei der Gegensätze, die mit dieser Konfrontation das Dilemma zwischen Totalität und Kompromiss begleitet.

Hoeferts geschickter Umgang mit stilistischen Brüchen und Symbiosen verdeutlicht eine Gegenwart die als lebendige und schwer zu kontrollierende Ereignisflut eine eigene Dynamik generiert. Hinter der fließend tektonischen Bildgestaltung steckt der Wunsch sich zu öffnen, Verdrängtes und Verschlossenes aufzubrechen, ohne den Reiz des Hintergründigen zu zerstören. Seine Kunst ist nicht nur auf die reine Malaktion bezogen, sie bezieht sich auf Andeutungen, auf das Einfliessenlassen erkennbarer Wirklichkeiten. Sie ist expressive Abstraktion, deren Referenz an den amerikanischen Expressionismus sich in der Verwendung großer, schweigsamer Formate ebenso manifestiert wie im Aufteilen des Bildes durch wenige, großzügige Flächen, im aktionsnahen Fließen und Spritzen der Farbe, im Aufsplittern und Aufbrechen der Formen. Farbexplosionen entfesseln die in ihnen ruhenden Kräfte und schaffen sich ihren eigenen Freiraum. Hoefert betont und akzentuiert durch den Einsatz von schwarz und weiß, deren reiche Palette in ihrer dramatischen Wirkung ein weites Spektrum zwischen Mattheit und Strahlen entwickelt. Kantiges stößt sich an Weichem, intime Stimmungsmalerei an konkreter Expressivität. Die Scheu vor der eigenen Intimität, das Preisgeben der Gedanken und das Fortspülen der innersten Zweifel findet sich in den Übermalungen, den Rinnspuren, Zerkratzungen und Spachtelungen, Techniken die der europäischen Kunstgeschichte nicht fremd sind und gerade deshalb in einem neuen Kontext neu entstehen können.

Als ein Verfechter der künstlerischen Entkrampfung, der der Humorlosigkeit einer toten Kunstidee eine lautstarke Lebendigkeit, ein übermütiges Experimentieren entgegensetzt, das, wenn man so will auch durchaus ein wenig oberflächlich, ein wenig heiter und banal sein darf, setzt Hoefert klassisch modernes Vokabular in eine neue, zeitgemäße Sprache um. Kunst als Komplimentierungsprozeß von Bruchstücken und unlösbaren Lebensrätseln, im Schatten erahnter Mythen.

Gewaltvoll sensible Bilder, aufgerissen und bedeckt zugleich. Die Lust an der Vielfalt genießt Hoefert mit großzügiger Leichtigkeit, im Bewusstsein dass es nichts zu verlieren gibt.

Barbara Baum
Kunsthalle Bauholding Strabag AG
Wien, 2004


painting unleashed

To truly experience painting, to not only perceive sensual stimulation, requires an unprejudiced and direct approach, one that is both the start and the result of previous experiences. One becomes the spectator of a new visual world, subtly altering obsolete points of view.

Works by the current generation of younger painters can be seen as cards in a game of vast emotional and artistic freedom. These works are never the result of a strategy, but instead reflect a strong wish to tear down the walls erected at will by predecessors. They are often misunderstood for their seemingly unconcerned globality. Yet, despite their relaxed optimism and reckless courage, these works also reveal an almost naïve longing for truth and definition.

Abstraction, as used in Hoefert's art is never life-rejecting or nihilistic, but rather celebrates both life and spirit. It doesn't derive from a specific distance towards itself or humanity, but, in fact, elucidates the square and gentle nature of human interplay and its surroundings. Even within the most daring, sometimes bewildering compositions, which can at times appear incomplete, one finds a hidden structure. Thus, the search for a system and sense contrast the inner turmoils with intellectual clarity. The works' inner sounds, alternately brutal and poetic, mingle with moments of truth, shifting the scenes to different, perhaps higher grounds. Thriving energy and dreamlike distance stand face to face as equals, mirroring everyday life.

The paintings try to evoke, to initiate, while refraining from making a futile attempt to offer answers. This is art as a quest, a process of completing, of searching the insoluble mysteries of our very own existence, while also anticipating the myths that await us all.

Hoefert' s skillful use of symbiosis and his break with conventions confronts us with a presence that generates its own dynamic, lively and reckless. Underneath the flowing tectonics of the paint, one detects an urge to break out, to open that which remains hidden and locked away without destroying the allure of the profound.

Believing that the post-modern needs to loosen up, he challenges the sobriety of an aged and purely academic idea of the arts with a powerful virility. Ifs a high-minded experiment, both playful and wanton, that allows itself a dose of triviality and translates the vocabulary of the classic modern into a new, contemporary diction.

The paintings are paintings of contradictions: lightness contrasts with weight, big silent formats stored against dashing streams of color that unleash the hidden forces within to create meaning and space. The paintings are imbued with a violent sensitivity that simultaneously explodes and remains bottled up.

Hoefert explores this variety with generous ease, confident he has nothing to lose.

Barbara Baum
Kunsthalle Bauholding Strabag AG
Vienna, 2004